Fachbeiträge zu Deerhounds

 

Die Zukunft des Deerhounds

Virgina Hawke, Australien

Uebersetzung: Esther Bühler, Ottenbach

 

Virginia Hawke und ihr Mann leben auf einer Farm und züchten seit über 25 Jahren Deerhounds 'Nelungaloo'. Sie jagen regelmässig mit ihren Deerhounds (keine Hasen). Es werden nur Hunde zur Zucht verwendet, die sich bewährt haben bei der Arbeit im Feld und charakterlich einwandfrei sind.

 

1972- 82- 92 - ? Dies ist die Zeitspanne die ich mit Deerhounds verbracht habe und sie in jeder Situation kennen und schätzen lernte.

 

Ich liebte sie, schimpfte mit ihnen, hatte Angst um sie und pflegte sie, gegeben haben sie mir dafür ihre Kameradschaft, wunderbaren robusten Nachwuchs, Erfolge im Showring, und die Erkenntnis für den Grund ihres Daseins; hauptsächlich ihre Kraft, Ausdauer, Funktionalität und Ehrlichkeit haben es dem Deerhound ermöglicht, seinen Wert als Jaghund länger zu beweisen als viele andere Windhundrassen. Aufgrund dieser Erfahrungen möchte ich die Probleme diskutieren, der die Rasse im Jahre 1996 gegenübersteht und wohin der Deerhound meiner Meinung nach in Zukunft steuert.

 

Der Rückgang der Wildtiere und ihrer natürlichen Gewohnheiten auf der ganzen Welt und das daraus resultierende Schutzverhalten, haben ebenso den Rückgang der Deerhounds und deren Crosses als nützliche Jagdgefährten bedeutet. Wo früher Hunde nach physischen und mentalen Möglichkeiten auf der Jagd beurteilt wurden, werden sie heutzutage in der Begrenztheit des Ausstellungsringes oder auf der Rennbahn beurteilt, wo Schönheit und Präsentation, Intelligenz und Fähigkeiten als Zuchtziel übertreffen.

Generell kann man sagen, dass die meisten Deerhounds, die in Australien leben und ausgestellt werden direkte Vorfahren haben, die den Status Familien- und Ausstellungshund kombinierten mit einer lebenslangen Jagdkarriere. Diese speziellen Hunde, obwohl nicht immer die glänzendsten in ihrer Ausstellungsgruppe, wären fast sicher die einzigen gewesen die getestet waren für Geschicklichkeit, Stärke, Kraft und Intelligenz. Ich betrachte es als ein Privileg, Hunde die in diese Kategorie gehören, gehabt zu haben. Diese Hunde schafften ein Basisverständnis für die Rasse, welches man unmöglich auf andere Weise erlangen kann. Ihre Talente schafften eine solide genetische Basis für die heute lebenden Hunde, welche nicht mehr die Möglichkeiten haben, konsequent zu jagen und über hunderte von Quadratmeilen zu galoppieren. Mit den Einschränkungen, die dem Deerhound auferlegt werden, wird es immer wichtiger für den Züchter, sich so nah als möglich an den Standard zu halten. Obwohl offen für Interpretationen, die Tatsache, dass der Deerhoundstandard von begeisterten Kennern geschrieben wurde, die mit ihren Hunden jagten, macht dies wichtiger als je zuvor.

Das Problem, dem die Rasse heute, und in Zukunft immer mehr, gegenübersteht, stammt von der Tatsache, dass nur noch wenige Züchter in der Lage sind mit ihren Hunden zu arbeiten und somit unterscheiden können zwischen korrektem Gebäude und Temperament das den Deerhound befähigt zu arbeiten, und Ðbertreibungen und den daraus resultierenden physischen und mentalen Beschränkungen. Diese können auftreten als Folge einer Zuchtauswahl nur basierend auf Ausstellungserfolgen und aufgrund eingeschränkter Bewegungsmöglichkeiten des Deerhounds. Sicher wäre es gut, wenn der Rassestandard spezifischer wäre, speziell die Angaben zu Grösse, Gewicht und Charakter. Die Grösse des Deerhounds hat stetig zugenommen seit der Original-Rassestandard im Jahre 1892 geschrieben wurde. 1970 wurde der Standard korrigiert mit der Empfehlung, Rüden sollten nicht weniger als 76 cm und Hündinnen nicht weniger als 71 cm Schulterhöhe aufweisen. Es wurde keine Korrektur am Original vorgenommen in Bezug auf das Maximalgewicht von 47,6 kg für Rüden und 36,3 kg für Hündinnen. Aus der nicht angegebenen Maximalgrösse ergibt sich das Problem, dass die Deerhounds tendenziell zu gross gezüchtet werden. Manchmal kommt die Gewichtszunahme hinzu und der Deerhound kann 'wolfhoundisch' werden, aber normalerweise verliert der Hund an Substanz und Muskulatur und öfter als nicht wird er zum sogenannten 'Profilhund'. Verringerte Breite und Stärke über den Rücken und den Lenden zusammen mit zuwenig Rippenwölbung ist typisch für einen zu grossen Deerhound.

Zunehmende Beinlänge und Ueberwinkelung tragen nicht zu mehr Geschicklichkeit, Kraft und Ausdauer bei, im Gegenteil, die extra Grösse, oft zusammen mit fehlendem Gleichgewicht und Substanz, nehmen dem Deerhound die Fähigkeit, die erwarteten Leistungen zu bringen. Es gibt sicher keinen Grund für einen Deerhound grösser als 84 cm oder schwerer als 48 kg zu sein, denn in keiner Weise würde mehr Masse ein Vorzug sein, weder bei der Arbeit noch beim Spielen. Diese Grössen- und Gewichtsempfehlung wird auch die Möglichkeiten von Knochen- und Wachstumsstörungen limitieren, die so oft verbunden sind mit der Aufzucht von Riesenrassen. Vorausgesetzt ein Deerhound wird in einer Umgebung aufgezogen, wo er sich frei bewegen kann und abwechslungsreiches und nahrhaftes Futter bekommt, so braucht er keine zusätzlichen Mineralstoffe und Vitamine um das Wachstum zu fördern.

 

Als Resultat von gutem Management, Glück und sorgfältigen Zuchtprogrammen, ist der in Australien aufgewachsene Deerhound heute relativ frei von erblichen Krankheiten, welche in Uebersee zunehmen. Zuchtprobleme (Deckunlust, Geburtsschwierigkeiten), zusammen-gewachsene Rutenknorpel und PSS (Portosystemic shunt) sind typische genetische Zustände, die sich in Europa ausbreiten. Die australischen Züchter haben eine grosse Verantwortung sicherzustellen, dass diese Krankheiten nicht Fuss fassen können unter den gesunden und langlebigen Deerhoundlinien hier zur Zeit. Die Vorstadt-Lebensweise und immer mehr Einschränkungen die es für Hunde und deren Besitzer gibt, passen weder dem Hund noch dem eingefleischten Deerhoundliebhaber. Obwohl Deerhounds noch so gern als Familienhunde leben werden und sich am Komfort eines Hauses erfreuen, es sollte immer daran gedacht werden, dass der Deerhound niemals sein ganzes Potential, mental und physisch, erreichen wird wenn er so sehr eingeschränkt wird.

 

Es wird zunehmend schwieriger werden für den Deerhound sein gefälliges Temperament zu erhalten, wenn er solchem Druck ausgesetzt ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Deerhound glücklich und zufrieden ist, wenn er verurteilt ist zum Nichtstun und sich so gut wie nie frei bewegen darf. Die freie Bewegung ist der einzige Weg zu beurteilen, ob ein Hund das gewünschte Temperament und genug Intelligenz besitzt, und sie ist erforderlich für seine Entwicklung, seine Bedürfnisse und Wünsche.

 

Die dauernden Erfahrungen des Galoppierens, des Jagens, des Verfolgens und Spielens mit anderen Hunden schaffen den Anreiz und die Ausgeglichenheit welche helfen das Temperament und den Charakter zu bewahren das den kompletten Deerhound ausmachen.

 

Dies ist der Deerhound, welchen Australien immer noch kennt und liebt und den es sich nicht erlauben kann zu verlieren

 

 

Nelungaloo Sundown, der erste von Australien in der Schweiz importierte Deerhound